Gemeinschaft(lich) Bauen - Dritte Orte für Stadt und Land
Die Konferenz, am 31. Oktober 2024 im Casals Forum in Kronberg, fragt nach integrierten Lösungsansätzen, die zur Sicherung einer nachhaltigen Zukunft der „gerechten Stadt“ und einer gemeinwohlorientierten Daseinsvorsorge beitragen. Gemeinsam mit internationalen Expert*innen werden Konzepte für sogenannte „Dritte Orte“ als offener, hybrider Raum der Begegnung, Integration und Teilhabe für Stadt, Agglomeration bis rurbaner Landschaft diskutiert.
Die aktuelle Gefühlslage scheint aufgrund eines nichtendenden Krisenmodus erhitzt und in seinen Debatten über Anpassungsstrategien hochtemperiert. Lassen Globalisierung, Geopolitik, Transformation, Migration, Klimawandel, Wohlstandsverlustängste, Einsamkeit, usw. die gespaltene Gesellschaft in einen Gemütszustand höchster Nervosität verfallen?
Anlässlich des 75-Jahre-Jubiläums des Grundgesetzes beschwört der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das „Wir“ in einer „Welt in Stücken“ (Clifford Geertz, 1996) und fragt in seiner State of the Union-Analyse, was diese neue vielfältige Gesellschaft heute und in Zukunft verbindet?
Zusammenhalt braucht Räume und neue, identitätsstiftende Orte in Zeiten voranschreitender (sozialer) Segregation. Können Schwellenräume, common spaces oder Orte des Gemeinschaffens als Modelle einer zeitgemäßen res publica verstanden werden?
Die Neue Leipzig Charta fordert neben der grünen und produktiven die „gerechte Stadt“ ein. Wodurch zeichnet sich diese aus und wodurch wird sie baulich-räumlich erfahrbar?
In den 1920er-Jahren entwickelt der Architekt Bruno Taut das Konzept der „Stadtkrone“, die als zentraler Ort der Begegnung und als Bau für die Gemeinschaft fungiert. Die Nachkriegsmoderne versucht mit der Core-Diskussion (The Heart of the City) des CIAM (Congrès Internationaux d‘Architecture Moderne) an dieses Leitbild nach dem „Verlust der Mitte“ wieder anzuschließen.
Eine gerechte Stadt kann durch ausgewogene, gemischte und lebendige Stadtquartiere einen Beitrag zur Integration aller sozialen, ethischen Gruppen und Generationen beitragen. Mit einer umweltgerechten Stadtentwicklung werden gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gesichert. Die gerechte Stadt baut auf partizipative Mitgestaltung und auf zivilgesellschaftliches Engagement.
Neue Entwicklungen und Tendenzen im Bauwesen nehmen vermehrt den Gemeinschaftsgedanken wieder auf. Neue Bündnisse, Kollektive oder genossenschaftsähnliche Konstruktionen werden geschlossen. Im Gründungsmanifest des Weimarer Bauhauses spricht Walter Gropius vom Bau als Ziel einer neu zusammenfindenden Arbeitsgemeinschaft. Seine Idee der Bauhütte erfährt aktuell eine Wiederentdeckung. Verbindet sich mit der Bauhütte 2.0 eine demokratische Gestaltung? Kann Gestaltung Gesellschaft verändern? Worin unterscheidet sich Demokratie und Populismus als Bauherr?
Was heißt es heute für das Gemeinwohl zu bauen? Wodurch zeichnen sich soziale und resiliente Infrastrukturen beziehungsweise Dritte Orte aus?
HAT 2024 Programm zum Download
Der Hessische Architektentag 2024 findet im Rahmen der World Design Capital Frankfurt RheinMain 2026 zum Thema Design for Democracy. Atmospheres for a better life statt.
Eindrücke vom HAT 2024
Programm mit Vorträgen und Diskussionen
Registrierung /// 8:00 Uhr – 9:00 Uhr
Begrüßung und Eröffnung /// 9:00 Uhr
Grußwort
- Kaweh Mansoori, Staatsminister, Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlicher Raum, Wiesbaden
Im Gespräch I
- Gerhard Greiner, Präsident Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH)
Moderation:
- Prof. Dr. Andres Lepik, Direktor, A.M. Architekturmuseum / Lehrstuhl für Architekturgeschichte und kuratorische Praxis, Technische Universität München
Block 1 : Vorträge „Soziale Infrastrukturen gestalten“
- Thomas Kraubitz, Architekt, Stadt- und Regionalplaner und Partner, Buro Happold GmbH, Berlin
- Astrid Smitham, Architektin ETH SIA RIBA ARB / Büropartnerin, APPARATA architects, London
- Peter Zoderer, Architekt / Büropartner, feld72 Architekten ZT GmbH, Wien
- Frédéric Chartier, Architekt / Büropartner, ChartierDalix architecture & landscape, Paris
Anschließend Diskussion mit allen Gastreferent*innen
MITTAGSPAUSE
Block 2: Podiumsdiskussion „(R)Urbane Spielräume“
- Gastprof. Kerstin Faber, Transformationsmanagerin für Bestandserhalt und Umbaustrategien Bundesstiftung Bauakademie, Berlin / ehem. Projektleiterin IBA Thüringen
- Tabea Michaelis, Dipl. Landschaftsarchitektin, Projektleiterin Studio Dietikon, Büro denkstatt sàrl, Basel & Co-Leiterin / Dozentin Masterstudiengang „Kollaborative Raumentwicklung“ Hochschule Luzern
- Hannah von Guionneau, Referentin Standortentwicklung, Industrie- und Handelskammer Offenbach am Main
PAUSE
Statement
The Infrastructure of Happiness
- Tommy Lindgren, Architekt SAFA / Lecturer, Urban Design, Department of Architecture, Aalto University School of Arts, Design and Architecture, Helsinki
Im Gespräch II
- Gerhard Greiner, Präsident AKH
Moderation:
- Prof. Dr. Andres Lepik, Direktor, A.M. Architekturmuseum / Lehrstuhl für Architekturgeschichte und kuratorische Praxis, Technische Universität München
Verabschiedung /// 16:00 Uhr
Es muss wieder erste Priorität der Architektur werden für die Gesellschaft als Ganzes zu planen und zu bauen. Denn angesichts schwindender Ressourcen und wachsender globaler Krisen ist es dringendste Aufgabe, Orte zu schaffen, die ökologischen und sozialen Mehrwert zugleich bieten. Der „Social Turn“ in der Architektur wird die Disziplin neu definieren.
Prof. Dr. Andres Lepik, Direktor, A.M. Architekturmuseum / Lehrstuhl für Architekturgeschichte und kuratorische Praxis, Technische Universität München
Die Anforderungen an Dritte Orte waren nie stärker und sind geprägt durch Normung, Sicherheitsbewusstsein und Erwartungen an visuelle und szenische Berieselung, häufig überformt und ohne die Möglichkeit der Kreativität freien, ungezwungenen Lauf zu lassen. Wir haben noch Platz! – doch müssen wir Zufällen Raum bieten und das Leben reinlassen. Von Digital Detox bis zur Inklusion müssen Lebenszyklen bewusster berücksichtigt werden.
Thomas Kraubitz, Architekt, Stadt- und Regionalplaner und Partner, Buro Happold GmbH, Berlin
Bauen für die Gemeinschaft erfordert eine Architektur, die nach neuen, sozialere Raumformen sucht, in denen menschliche Beziehungen die Chance erhalten, sich informell und schrittweise im Laufe der Zeit zu entwickeln. Sie berücksichtigt die zahlreichen sich überschneidenden Krisen des Klima, soziale Isolation, Gesundheit und soziale Fürsorge. Es ist eine Architektur, die die Bedürfnisse von heute erfüllt, sich aber aktiv an unbekannte Zukünfte anpasst und den Nutzern lebenslange Handlungskraft lässt.
Astrid Smitham, Architektin ETH SIA RIBA ARB / Büropartnerin, APPARATA architects, London
You never live alone - In unserer Arbeit beschäftigen wir uns mit Schwellenräumen in unterschiedlichen Größenordnungen. Diese Räume sind nicht immer klar definiert, wir entwickeln sie als Möglichkeitsräume. Räume für Ungeplantes, für Kreativität, für Begegnungen – für Gemeinschaft. Wir sehen darin nicht nur ein räumliches Potenzial, sondern auch eine Chance, mit unserer Raumproduktion einen sozialen Mehrwert zu schaffen.
Peter Zoderer, Architekt / Büropartner, feld72 Architekten ZT GmbH, Wien
We are working with three dynamics that will enable communities to engage with spaces to create what we are calling the Commons: commons generated by a relationship with the public space, creation of spaces with what is available through improvisation and creativity, and by its relationship between its natural environment to encourage a sense of togetherness.
Frédéric Chartier, Architekt / Büropartner, ChartierDalix architecture & landscape, Paris
Denkstatt wird dort tätig, wo sich Stadtraum, Quartiere, Areale oder Gebäude verändern – wo Transformation stattfindet, wo Menschen, Mitwesen und Dinge in Bewegung geraten und die Verbindungen aus Orten, Narrativen und Nutzungen neu organisiert werden. Ausgehend von den lokalen Bedürfnissen, Talenten und Ressourcen entwickelt Denkstatt Möglichkeitsräume, die auf vielfältige Weise nutzbar sind und den gemeinschaftlichen Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren ermöglicht.
Tabea Michaelis, Dipl. Landschaftsarchitektin, Projektleiterin Studio Dietikon, Büro denkstatt sàrl, Basel & Dozentin Hochschule Luzern
Für die Gemeinschaft zu bauen, heißt mit ihr zu bauen. Dies beinhaltet die Entwicklung und Moderation eines kooperativen Gestaltungsprozesses. Kooperative Gestaltungsprozesse schaffen nicht nur Gemeinschaftsräume, sie sind bereits selbst „Orte des Gemeinschaffens“ und fördern durch die Organisation von Wissen und Teilhabe das demokratische Verständnis und Selbstbewusstsein vor Ort. Dies ist umso wichtiger, je polarisierender die räumlichen Entwicklungen sind.
Gastprof. Kerstin Faber, Transformationsmanagerin für Bestandserhalt und Umbaustrategien Bundesstiftung Bauakademie, Berlin
Dritte Orte dienen der gesellschaftlichen Teilhabe und sind heute wichtiger denn je. Sie sind Anziehungspunkte einer Stadt und beleben die Stadtzentren. Unsere Innenstädte brauchen vielfältige Nutzungen, an denen jede und jeder ein Angebot findet, so fördern sie als multifunktionale Orte das soziale und wirtschaftliche Miteinander.
Hannah von Guionneau, Referentin Standortentwicklung, Industrie- und Handelskammer Offenbach am Main
Building together(ness) requires from us all an elusive and important mindset: embracing uncertainty. We have to meet each other without any ready-made answers – that is the only way we can build a common world that is genuinely shared.
Tommy Lindgren, Architekt SAFA / Lecturer, Urban Design, Department of Architecture, Aalto University School of Arts, Design and Architecture, Helsinki
Veranstaltungsort
Der Hessische Architektentag ist zum ersten Mal Gast im neuen Konzertsaal des Casals Forums in Kronberg im Taunus. Der Veranstaltungsort mit seiner renommierten Ausbildungsstätte für junge Musiker*innen ist von Staab Architekten GmbH, Berlin entworfen worden und ist 2023 mit einer Anerkennung im Rahmen des Staatspreises für Architektur und Städtebau „Vorbildliche Bauten im Land Hessen“ ausgezeichnet worden.
Konzertsaal, Casals Forum, Beethovenplatz 1, Kronberg im Taunus
Kooperationspartner
Ansprechpartner
Referent Baukultur, Wirtschaft und Hochschulwesen
Florian Dreher
Dipl.-Ing. | (Fachrichtung Architektur)
Telefon: 0611 1738-55
Fax: 0611 1738-40
dreher@ akh.de